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BMW Isetta – Die Entstehung des Marketings und ein kleines Auto, das nie ein Auto sein sollte


Birte Krüger hält am 19. April 2024 im PS.SPEICHER einen Vortrag bei den FörderFreunden über die BMW Isetta. Der Vortrag beleuchtet die Entstehung des Marketings und die besondere Geschichte eines kleinen Fahrzeugs, das ursprünglich nie ein Auto sein sollte. Auf der Bühne steht Krüger an einem Rednerpult, während im Hintergrund eine große Leinwand eine Präsentationsfolie mit einem Bild einer Isetta im Sonnenuntergang zeigt. Neben ihr auf der Bühne steht eine grüne BMW Isetta mit Anhänger. Im oberen Bereich der Halle sind klassische Fahrzeuge auf einer Galerie zu sehen. Links im Bild befindet sich ein Banner mit Informationen zur Mitgliedschaft bei den FörderFreunden PS.SPEICHER.
Birte Krüger bei den FörderFreunden PS.SPEICHER

Die BMW Isetta – Ein Hype in den 1950er-Jahren

Kaum ein Fahrzeug verkörpert die Aufbruchsstimmung der 1950er-Jahre so sehr wie die BMW Isetta. Mit ihrem unverwechselbaren Design und ihrer kompakten Bauweise prägte sie das Straßenbild und wurde schnell zum Verkaufsschlager. Doch ihr Erfolg beruhte nicht nur auf cleverer Ingenieurskunst, sondern auch auf einer außergewöhnlichen Marketingstrategie, die ihrer Zeit weit voraus war.

Birte Krüger hat sich in ihrer Bachelorarbeit intensiv mit den Werbekampagnen und dem Image der Isetta beschäftigt und präsentierte ihre spannenden Erkenntnisse am 19. März 2024 bei den FörderFreunden im PS.SPEICHER. Ihr Vortrag bot faszinierende Einblicke in die Marketingwelt der 1950er-Jahre – und zeigte, warum die Isetta ein kleines Auto war, das eigentlich nie ein Auto sein sollte.


Die Isetta: Kein Auto und doch ein Erfolg

BMW stand Mitte der 1950er-Jahre mit dem Rücken zur Wand. Die Motorradverkäufe gingen zurück, die großen Automobile des Unternehmens waren zu teuer in der Produktion und fanden nur wenige Abnehmer. Eine kostengünstige und schnell umsetzbare Lösung musste her. Auf der Turiner Automesse 1954 entdeckte BMW die "Iso Isetta" des italienischen Herstellers Iso Rivolta. Dieser kleine, dreirädrige "Kabinenroller" wurde als potenzieller Retter identifiziert. BMW erwarb die Lizenzrechte und entwickelte die Isetta weiter – mit vier Rädern und einem eigenständigen Einzylinder-Viertaktmotor.

Doch wie vermarktet man ein Fahrzeug, das aus damaliger Sicht eigentlich kein "richtiges" Auto war? Genau hier setzte BMWs innovative Marketingstrategie an.

 

"Motocoupé" statt Auto: Die geschickte Positionierung der Isetta

Eines der ersten großen Probleme war die rechtliche Einstufung der Isetta. In Deutschland war der Besitz eines Pkw-Führerscheins teuer und für viele Menschen unerreichbar. BMW erkannte die Chance und positionierte die Isetta nicht als Auto, sondern als "Motocoupé". Dank dieser cleveren Strategie konnten auch Motorradfahrer die Isetta ohne einen zusätzlichen Führerschein fahren. Dies war ein entscheidender Wettbewerbsvorteil gegenüber klassischen Kleinwagen.

Zusätzlich inszenierte BMW die Isetta nicht als Ersatz für ein vollwertiges Auto, sondern als praktische und wirtschaftliche Alternative für die moderne Kleinfamilie oder den Stadtpendler. Das Produktbild der Isetta basierte auf drei wesentlichen Faktoren:


·       Wirtschaftlichkeit: Geringer Spritverbrauch und niedrige Betriebskosten

·       Alltagstauglichkeit: Wendig, leicht zu parken und perfekt für den Stadtverkehr

·       Emotionale Bindung: Ein charmantes Fahrzeug, das sich von der Masse abhob


Werbekampagnen der 1950er-Jahre: Emotionales Storytelling

BMW nutzte für die Isetta eine bis dahin eher ungewöhnliche Marketingstrategie: Emotionales Storytelling. Statt technischer Daten stand das Lebensgefühl der 1950er-Jahre im Mittelpunkt. Die Werbeslogans waren bewusst lebensnah und spielten mit der Sehnsucht nach Freiheit und Mobilität:

·       "Immer gut gelaunt mit der BMW Isetta, dem idealen Allwetter-Fahrzeug!"

·       "Das Motocoupé für die ganze Familie!"

·       "Mobilität für jedermann – die BMW Isetta macht’s möglich!"

Die Werbung zeigte junge Paare, die fröhlich durch die Stadt fuhren, Familien auf dem Weg ins Grüne oder Geschäftsleute, die mit der Isetta dynamisch im Stadtverkehr unterwegs waren. BMW positionierte die Isetta als Lebensgefühl, nicht nur als Fahrzeug.


Die "Knutschkugel" und ihre Kultwirkung

Der Volksmund gab der Isetta schnell ihren eigenen Namen: "Knutschkugel". Dieser Begriff wurde von BMW aufgegriffen und in die Werbekampagnen integriert. Plakate zeigten verliebte Paare, die sich in der engen Kabine nahe waren – eine clevere Marketingstrategie, die das Image der Isetta weiter festigte.

Außerdem nutzte BMW die Isetta gezielt als Werbeträger: Sie wurde bei Veranstaltungen, Messen und sogar als Polizei- und Lieferfahrzeug eingesetzt. Diese präsente Sichtbarkeit trug dazu bei, dass die Isetta in das kollektive Gedächtnis der 1950er-Jahre einging.


Vom Verkaufsschlager zur Legende

Die Verkaufszahlen sprechen für sich: Innerhalb von nur acht Jahren verkaufte BMW mehr als 160.000 Isettas. Die kleine "Knutschkugel" war ein voller Erfolg und half BMW, wirtschaftlich zu überleben. Doch mit wachsendem Wohlstand und steigendem Interesse an vollwertigen Autos ging die Ära der Kabinenroller in den 1960er-Jahren zu Ende.

Heute ist die Isetta ein begehrter Oldtimer und wird als Symbol einer vergangenen Ära gefeiert. In der BMW Welt in München zieht sie bis heute zahlreiche Besucher an, die sich von ihrem nostalgischen Charme verzaubern lassen.

 

Fazit: Ein kleines Fahrzeug mit großer Wirkung

Die BMW Isetta ist ein Paradebeispiel dafür, wie geschicktes Marketing aus einem ungewöhnlichen Produkt einen regelrechten Hype entstehen lassen kann. Die Kombination aus cleverer Positionierung, emotionalem Storytelling und strategischer Sichtbarkeit machte die Isetta zu einer Ikone der 1950er-Jahre.

Birte Krügers Forschung zeigt eindrucksvoll, dass die Isetta weit mehr als nur ein Notnagel für BMW war – sie war ein frühes Beispiel für modernes Marketing, das bis heute als Blaupause für erfolgreiche Produktvermarktung dienen kann.


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